Ich finde, genau hier zieht der Spot seine Kraft: Statt Hochglanz und Wunschdenken steht Echtheit im Vordergrund. Diese Fokussierung auf „echte Menschen“ wird nicht nur im eingeblendeten Claim betont, sondern vor allem in den Details der Bildsprache verankert.

Was die Zielgruppenansprache betrifft, bin ich der Meinung, dass die Auswahl der dargestellten Situationen und Protagonist*innen sehr bewusst gewählt wurde, um ein möglichst breites Spektrum der Mittelschicht anzusprechen – von Hundebesitzern über DIY-Begeisterte bis hin zu Familienmenschen. Der Verzicht auf Models aus dem Hochglanzkatalog und die Betonung alltäglicher Utensilien wie Strickzeug und Rollschuhe illustrieren ein Bild, das ich als bewusst undogmatisch und selbstironisch empfinde. Hier schwingt unterschwellig die Botschaft mit: „Wir wissen, Luxus ist nicht unbedingt alles – auch Pragmatismus und Stilbruch haben ihre Berechtigung.“

Die Werbebotschaft transportiert klar den Wert „praktisch, komfortabel, echt“ – allerdings, und das finde ich durchaus bemerkenswert, ohne Pathos. Der Spot bleibt fast schon nüchtern und vertraut dabei auch auf ein leicht selbstironisches Augenzwinkern. Die Aussage „SIE DEFINIEREN DAS AUTO“ gefällt mir als kommunikativer Dreh: Aus meiner Perspektive wird hier die Autonomie und Individualität der Zielgruppe zelebriert, eine Idee, die – seien wir ehrlich – selten so subtil und inklusiv inszeniert wird in der Autowerbung. Der gezielte Einsatz von Text-Overlays im Wechselspiel mit Alltagsaufnahmen gibt dem Spot zwar einen modernen, fast schon dokumentarischen Touch, nur leider in einer Form, die ich beinahe zu harmlos und risikofrei empfinde.

Kreativ gesehen würde ich sagen, dass der Spot angenehm aus dem Strom klischeehafter Autoinszenierungen heraussticht – SUV vor Gebirgskulisse, das haben wir alle zu oft gesehen. Etwas süffisant gesagt, fährt Dacia seine Modelle lieber durch die Großstadt mit Palmen und lässt zwischendurch die Socken aufleuchten. In meinen Augen hebt das den Spirit der Marke auf ein für die Branche selten selbstreflektiertes Niveau. Die zentrale Botschaft, dass hier echte Menschen und nicht Lifestyle-Avatare angesprochen werden, erachte ich als locker und durchaus pointiert vermittelt.

Was die visuellen Elemente angeht, gefällt mir besonders der Verzicht auf Überinszenierung. Die Umgebungen sind abwechslungsreich und zugleich glaubwürdig gestaltet – Balkonpflanzen, chaotische Garagen, Stadtszenen, Hundefell auf dem Sitz – all das zahlt subtil auf ein Nahbarkeitsszenario ein, das ich so bei Konkurrenzmarken nicht oft sehe. Die typografische Integration von Claims, Preis- und Verbrauchsangaben ist nach meinem Eindruck gerade so präsent, dass die Werbeaussage nicht zur bloßen Textwüste gerät.

Aus professioneller Sicht halte ich den Spot für eine gelungene Weiterführung einer Markenstrategie, die sich darauf konzentriert, ihre Kunden nicht zu überfordern, sondern sie dort abzuholen, wo sie stehen: beim „Kuchen wegbringen“, beim „Rollschuhfahren“ oder schlicht beim „Gassi gehen“. Ich denke, dass diese Bodenhaftung für Dacia einen fast schon charmant-devoten Gegenpol zum branchenüblichen Duktus der Überhöhung bietet. Für einen Markt, in dem viele Hersteller mit Prestige und technischer Raffinesse protzen, wirkt dieser Selbstanspruch geradezu erfrischend.

Abschließend betrachtet hätte ich mir persönlich allerdings doch die ein oder andere inhaltliche oder visuelle Volte mehr gewünscht – etwas, das meine Erwartung als Zuschauer kurz auf die Probe stellt. So bleibt der Spot insgesamt sehr sympathisch, handwerklich einwandfrei und angenehm authentisch, aber ohne Überraschungen, die mich noch Stunden später grübeln lassen.

Wie schätzt du den Ansatz des Spots ein? Findest du die Kommunikation auf Augenhöhe gelungen oder bleibt das Ganze doch zu gefällig? Mich interessiert, wie du den Dacia-Ansatz zwischen Alltagsinszenierung und Understatement bewertest – und ob dich diese Art von Authentizität tatsächlich überzeugt.

Autor: Ralf Zmölnig