Hinsichtlich der Zielgruppenansprache bin ich der Überzeugung, dass der Spot sich ganz klar an eine automobilaffine, eher männliche Zielgruppe gerichtet hatte, die Sportivität, Tradition und Leidenschaft sucht. Die Bildsprache – kurvige, menschenleere Straßen in reduzierter Natur, rotes Fahrzeug als Eyecatcher, der Fokus auf puristische Fahrdynamik und sonnengeflutete Landschaften – repräsentierte damals einen Imagetransfer, wie er bei Alfa Romeo lange Tradition besessen hatte. Dennoch fehlt in meinen Augen eine deutlichere Hinwendung zu einer jüngeren, urbaneren oder weiblicheren Zielkundschaft, die 2014 schon zunehmend relevante Marktanteile ausgemacht hatte.

Die Werbebotschaft, wie sie damals vermittelt wurde, hat meines Erachtens stark auf das Markenerbe und die Werte „Fahrfreude“, „Technologie“ und „Begeisterung“ abgestellt. Der Claim „Pur Alfa Romeo“ stellte einen klaren Bezug zur Markenessenz her, was ich grundsätzlich nachvollziehbar finde – die Positionierung als emotional-ehrlicher, fahrdynamisch geprägter Automobilhersteller war für Alfa Romeo fast schon existenziell. Dennoch, so denke ich rückblickend, hätte der Spot stärker differenzierende Aspekte in den Vordergrund rücken können, um die Quadrifoglio Verde-Modelle als ambitionierte Neuinterpretation bekanntzumachen. Statt abstrakt von „Forschung“ und „Technologie“ zu sprechen, haben mir konkrete visuelle oder inhaltliche Belege für die Innovationskraft gefehlt, die eigentlich beworben werden sollten.

Kreativ und im Blick auf Originalität ist meine Meinung zwiegespalten. Einerseits haben die stimmungsvollen Aufnahmen der kurvigen Straßen mit der kargen Gebirgslandschaft ein zeitloses, fast schon ikonisches Bild von Fahrspaß und italienischer Automobilromantik wachgerufen. Andererseits blieb der gesamte Aufbau aus meiner Sicht recht konventionell und hätte durch narrative Wendungen, einen innovativen Kunstgriff oder überraschende Visualisierungen ein Alleinstellungsmerkmal schaffen können. Die Akzentuierung der Emotionalität via Musik und visuelle Stilmittel entsprach zwar den klassischen Tugenden italienischer Autofilme, aber aus heutiger Sicht würde ich mir für eine solche Ikone der Marke einen mutigeren, unkonventionelleren Zugang wünschen, der stärker aus der Werbeflut des Jahres 2014 hervorgestochen wäre.

Was mir besonders auffiel, war die ausgeprägte Konsistenz in der Markenbotschaft: Alfa Romeo ist seiner Linie treu geblieben und hat das Quadrifoglio Verde als Sinnbild italienischer Sportlichkeit und Ingenieurskunst positioniert. Meiner Erfahrung nach war das in einer Zeit, in der viele Marken sich im Mainstream-Design und Werbebrei verloren, durchaus respektabel. Die Konzentration aufs Wesentliche, auf Fahrfreude und Fahrdynamik, ist authentisch umgesetzt worden und ich halte das für einen durchaus gelungenen Markentransfer aus Sicht der Traditionspflege.

Allerdings, und das ist für mich ein Schwachpunkt, blieb das Storytelling in meinen Augen auf einer sehr abstrakten Ebene. Die Fahrzeuge und deren Besonderheiten standen formal im Mittelpunkt, wurden aber nicht durch eine herausragende darstellerische Leistung, ein Testimonial oder eine ungewöhnliche Dramaturgie aufgeladen. Ich denke, die visuelle Umsetzung hat wenig Risiken genommen und sich zu sehr auf klassische Automobilwerbeanmutungen verlassen, anstatt 2014 selbstbewusst einen kreativen Richtungswechsel zu wagen.

Abschließend würde ich sagen, dass der Spot für die Zeit seiner Ausstrahlung ein sehr solides, ästhetisch makelloses Stück Automobilwerbung dargestellt hatte, das Fans und Kenner der Marke mit bewährten Zutaten abzuholen verstand. Aus heutiger Sicht betrachtet hätte ich es jedoch begrüßt, wenn Alfa Romeo seiner eigenen Mut- und Innovationsrhetorik auch in der Werbeinszenierung konsequenter gefolgt wäre und das Spot-Konzept mit einem wagemutigen, kreativen Twist versehen hätte, der die Marke kraftvoll ins Jahr 2014 getragen hätte.

Autor: Ralf Zmölnig