Seit dem ikonischen Relaunch vor gut anderthalb Jahrzehnten schrieb die Marke humorvolle, überzogene Darstellungen maskuliner Eigenheiten groß und griff gekonnt dabei auf augenzwinkernde Überzeichnungen zurück. Die Einbindung von Isaiha Mustafa als prominentes Testimonial knüpfte nahtlos an die global bekannten Kampagnen aus den 2010er Jahren an. Ich finde, dass der Spot es verstand, mit diesem bekannten – und für Old Spice mit Kultstatus versehenen – Gesicht sofort klare Wiedererkennung zu gewährleisten und eine Art Markengefühl abzurufen, das sowohl für nostalgische als auch jüngere Zielgruppen funktionierte.

In Bezug auf die Zielgruppenansprache denke ich, dass sich Old Spice mit dieser Form der Inszenierung weiterhin klar an eine eher männliche – aber längst keine rein traditionellen – Demografie wandte, die Witz und Selbstironie zu schätzen wusste. Moderne Männlichkeit wurde durch eine absurde Überhöhung karikiert, was meiner Meinung nach einen durchaus progressiven Gegenentwurf zu stereotyp-verstaubten Parfüm- oder Deospots darstellte, wie sie vor 20 Jahren noch Usus gewesen waren.

Die Kreativität und Originalität des Spots überzeugt mich in Teilen durch seine völlige Loslösung von Alltagssituationen. Dass ein Mann mit Bastrock mitten in einer Mischung aus Tropen- und Alpenkulisse steht, den Inbegriff von Abenteuer und Exotik ins Absurde übersteigert, finde ich als Stilmittel ansprechend und mutig. Gerade im Vergleich zum damals häufig sehr einfallslosen Wettbewerbsumfeld zeigte Old Spice, was für Möglichkeiten im Bereich der überraschenden Werbekommunikation lagen – und nutzte eine Bildsprache, die sich abseits des vorhersehbaren Kanons bewegte. Ausgefallene Elemente wie das „Hafensolo“, der rote Konzertflügel oder die Schatztruhe empfand ich als kreative Metaphern für Überfluss, Extravaganz und nonchalanten Humor. Der kurze narrative Bogen, der mit Aufforderungen wie „Spring der Nase nach in das duftende Meer deiner Männlichkeit“ oder „Du stehst auf einem Berg und spielst ein tierisch gutes Hafen-Solo“ gespannt wurde, bediente mit Leichtigkeit das Bedürfnis nach Eskapismus in der Werbekommunikation der frühen 2020er Jahre.

Was die Werbebotschaft betrifft, sehe ich den Ansatz eindeutig in der emotionalen Verortung des Produktversprechens: Männlichkeit wird olfaktorisch inszeniert und auf ein extravagantes, beinahe surreales Niveau gehoben. Meiner Meinung nach hat die Klarheit geholfen: Der Spot brachte die zentrale Botschaft – „Probier den frischen Duft von Old Spice Deo und Duschgel. Mann, riechst du gut!“ – in wenigen Sekunden und mit starker Visualität auf den Punkt, sodass die wesentliche Information nicht im Effekthascherischen unterging.

Hinsichtlich der visuellen Elemente bin ich der Meinung, dass der Clip in seiner Überzeichnung und Farbdynamik gelungen und erinnerungswürdig wirkte. Mir persönlich gefallen Spots, die sich trauen, das Irreale mit Humor und einer gewissen Ironie einzusetzen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen – und gerade in diesem Bereich hat der Spot aus 2023 einen deutlichen Akzent gesetzt.

Was die Konsistenz der Markenbotschaft betrifft, bin ich überzeugt, dass Old Spice mit diesem Spot seinem lang verfolgten Kommunikationsstil treu geblieben ist: ironisch, überhöht, selbstreflexiv und zugleich unerschrocken maskulin.

Als potenzielle Schwachstelle fiel mir retrospektiv auf, dass sich die inhaltliche Stoßrichtung auf bekannte Muster der Old Spice-Vergangenheit stützte. Ich halte es daher für möglich, dass eine gewisse Erwartbarkeit bei den Zuschauenden auftrat, und das überraschende Moment ein wenig von der eigenen Erfolgsgeschichte überschattet wurde. Auch frage ich mich, ob die breite Zielgruppe, gerade in Bezug auf gesellschaftliche Entwicklungen und einen veränderten Diskurs rund um Männlichkeitsbilder, noch immer die humoristische Überzeichnung so ungebrochen aufgenommen hat wie zu Beginn des Jahrzehnts. Dennoch sehe ich insgesamt, dass der Spot – gemessen am Stand von 2023 – den Markenkern sowie die Stärken der gesamten Old Spice-Kampagnenhistorie modern transportiert hat.

Abschließend bin ich der Meinung, dass der Spot aus Februar 2023 ein konsistentes, pointiert übertriebenes, lebhaft-exzentrisches Bild von Old Spice zeichnete und damit der damals ohnehin schon sehr wettbewerbsintensiven Deodorant-Kommunikation neue, humorvolle Akzente hinzugefügt hat. Die Zielgruppenansprache, der kreative Umgang mit Ikonografie und visuellen Codes sowie die pointierte Einbindung eines bekannten Testimonials haben den Spot aus meiner Sicht zu einem bemerkenswerten Beispiel für gelungene Markeninszenierung seiner Zeit gemacht.

Autor: Ralf Zmölnig