Besonders positiv fällt mir auf, wie sorgfältig die Protagonist:innen inszeniert sind: immer durchweg freundlich, einladend, positiv gestimmt und umgeben von einer geradezu feiertäglich anmutenden Wohlfühlatmosphäre. Das wirkt auf mich sehr überlegt und professionell, ohne ins Unrealistische zu kippen. Die gewählte Synchronstimme empfinde ich als angenehm und bemerkenswert passend – der warme Tonfall streichelt das Ohr und verankert die sympathiegetränkte Markenhaltung im Unterbewusstsein. Chapeau an das Casting!

Was mich allerdings zum Schmunzeln bringt und, ich sage es offen, leicht süffisant stimmt, ist diese immer wieder in Werbespots auftretende Überhöhung: "Das Lächeln von Tchibo", das uns seit Jahrzehnten zusammenbringt, ist in meinen Augen ein Paradebeispiel für überstrapazierten Pathos. Irgendwo zwischen Frühstückstheke und Kaffeeduft den sentimentalen Generationenvertrag zu inszenieren, das wirkt für mich doch etwas dick aufgetragen. In puncto Werbebotschaft versucht der Spot mit aller Macht, Kaffee zum emotionalen Lebenselixier zu stilisieren.

Ich finde, dass die Kreativität in der Visualisierung der alltäglichen Genussmomente durchaus gelungen ist. Der dünne Strahl Kaffee, der samtig in die Tasse fällt, das goldene Logo, die geschäftige Café-Atmosphäre mit Pflanzen, Licht und freundlichen Menschen – all das ist auf hohem handwerklichem Niveau und baut ein glaubhaftes Markenumfeld. In Bezug auf Originalität sehe ich allerdings wenig echte Brüche oder neue erzählerische Wendungen. Es bleibt die charmante, aber eben auch sehr sichere Inszenierung von Gemeinschaft und Genuss. Insbesondere das wiederkehrende goldene Logo hält die Markenbotschaft konsistent und verleiht dem Spot einen gewissen Premium-Touch.

Meiner Ansicht nach ist der Spot insgesamt honigsüß und ästhetisch in sich stimmig, aber vielleicht für einen kritischen Geist wie mich auch ein Beispiel für das, was passiert, wenn Authentizität zu sehr von Markenromantik überlagert wird. Ich denke, manchmal tut im Umfeld der Fernsehwerbung ein kleines Augenzwinkern oder eine Portion ironischer Selbstdistanzierung gut – das fehlt mir hier. Trotzdem: Fachlich betrachtet legt Tchibo einen blitzsauberen, bildstarken Auftritt hin, der seine Kernaussage schnörkellos und unverkennbar unterstreicht.

Wie empfindest Du den Spot? Gibt es für Dich weitere spannende Kommunikationsansätze, die Tchibo hätte wählen können – oder findest Du die emotionale Überhöhung genau richtig? Ich bin neugierig auf deine Meinung und freue mich auf eine kontroverse Diskussion über die Grenzen von Pathos und Authentizität in der Kaffeewerbung!

Autor: Ralf Zmölnig