Ich finde, dass das Setting – menschenleere Straßen, eine Prise Urbanität, umgeben von architektonischer Kühle – ein Gefühl von Dominanz vermittelt, das wohl gezielt auf sportlich-ambitionierte Individualisten zielt. Besonders die Reduktion auf nur ein Fahrzeug und den durchgehenden Fokus auf das „Erlebnis“ (statt auf „Alltagstauglichkeit“ oder „Gemeinschaftsgefühl“) inszeniert das Produkt in einem elitären Licht, was, aus meiner Perspektive, durchaus clever funktioniert.

Die sprachliche Begleitung – „Can't explain it, only feel it“ – kokettiert geradezu mit dem Unfassbaren, Unerklärlichen. Ich halte das persönlich für eine ambitionierte Entscheidung, denn damit vermeidet Mercedes-AMG jede profane Argumentation mit Daten, Fakten oder gar Plausibilität. Das fordert natürlich das Publikum heraus, und ich sehe darin durchaus einen gehobenen Kommunikationsansatz, der zu meiner Vorliebe für subtilere Werbeformen passt. Allerdings, wenn ich ehrlich bin, frage ich mich auch, wie viel Luft nach oben da kommunikativ noch bleibt; anspruchsvoll, ja, aber eventuell auch ein bisschen bequem, sich der reinen Emotion zu verschreiben anstatt Text und Bild wirklich zu verknüpfen. Es entsteht fast der Eindruck, als wolle man sich hinter dem eigenen Mythos verstecken – aber bitte mit Stil.

Kreativ erscheint mir die Kombination der Bildsprache mit den Produktdetails – etwa die goldenen Felgen auf Asphalt und die Unschärfe im Hintergrund, die zwischen Exklusivität und Geschwindigkeit changiert. Die Kameraeinstellungen aus der Vogelperspektive, gepaart mit pointierter Innenraumbeleuchtung, schaffen eine fast schon cineastische Dichte. Insbesondere das Close-up auf die konzentrierten Augen hinter dem Visier hat, meiner Ansicht nach, etwas Ikonisches. Die Konzentration, die Präzision, die sich in diesen Blicken spiegeln, transportieren exakt diese Faszination, mit der man Fahrer sportlicher Fahrzeuge in Szene setzen will. Und dennoch, bei aller visuellen Perfektion frage ich mich: Wird die emotionale Tiefe nicht in Teilen genau dadurch verhindert, dass jede menschliche Regung sekundenschnell wieder von Lack, Felge und Schmutzpartikeln abgelöst wird?

Aus fachlicher Sicht überzeugt mich der Spot durch seine extrem konsistente Markenbotschaft. Die Verbindung von Performance, Präzision und mythologisch aufgeladenem Fahrgefühl ist zwar schon aus unzähligen Werbemaßnahmen bekannt, wird hier jedoch sehr zielgruppengerecht weitergeführt. Denn, so mein Eindruck, wer dieses Auto fährt (oder davon träumt), sucht gerade eben dieses: die exklusiv inszenierte Grenzerfahrung. Dass eine solche Kommunikation nicht vordergründig von Rationalität geprägt ist, halte ich innerhalb der Kategorie für absolut nachvollziehbar.

Trotzdem möchte ich leicht süffisant anmerken: Wenn du jedes emotionale Argument mit „Can't explain it, only feel it“ abschließt, könnte man fast meinen, auch die Werbetreibenden hätten am Ende eigentlich keine Lust mehr auf Erklärungen – zumindest keine, die analytisch greifbar sind. Aber vielleicht ist das ja auch gerade der (augenzwinkernde) Luxus, den sich so ein Traditionshaus erlaubt.

Zum Abschluss interessiert mich – wie wirksam ist für dich dieser emotional aufgeladene Kommunikationsansatz? Findest du dich als Zielgruppe angesprochen, oder bleibt diese fast schon hermetische Bildsprache für dich letztlich ein ästhetisches Schauobjekt? Ich bin gespannt auf deinen Eindruck und eine lebhafte Diskussion über Anspruch, Wirkung und Authentizität solcher Inszenierungen.

Autor: Ralf Zmölnig