Ich finde, dass die Zielgruppenansprache in diesem Spot durchaus auf den Massenmarkt zugeschnitten gewesen ist – vor allem auf ein junges Publikum, das Silvester feiert und mit klassisch-hedonistischen Marken wie Absolut Vodka und Red Bull etwas anzufangen wusste. Kaufland hat damit klar auf das unmittelbare, preisaffine Kaufverhalten gesetzt – Kurzfristigkeit der Aktion, hohe Signalwirkung durch die Rabatte und entsprechende Produkte. Meiner Ansicht nach ist das zwar aus verkaufsorientierter Sicht nachvollziehbar, doch emotional oder identitätsstiftend wirkte der Spot eher generisch.

Im Hinblick auf die Werbebotschaft erachte ich die Umsetzung als stringent, aber nicht außergewöhnlich. Die zentrale Message „Du liebst Silvester? Du kriegst Silvester!“ ist plakativ und in ihrer Dringlichkeit unmittelbar verständlich, hat aus meiner Sicht jedoch wenig Tiefgang oder narrative Finesse aufgewiesen. Ich persönlich hätte mir an dieser Stelle eine räumliche oder dramaturgische Entgrenzung gewünscht – etwa durch kreative Verfremdung, eine überraschende Wendung oder eine ungewöhnliche Inszenierung, um die Handlung stärker aufzuladen. Besonders beeindruckend empfand ich die Kreation daher nicht; vielmehr wurde Bekanntes und Bewährtes in routinierter, fast schon schematischer Form heruntergebrochen.

Die visuelle Umsetzung, in der viel mit Typografie, Konfetti, und silvestertypischen Symbolen wie Feuerwerk, Kalendersymbolen und Glücksbringer gespielt worden ist, hat grundsätzlich stimmungsvoll in die Jahreszeit gepasst. Allerdings fand ich, dass visuelle Originalität – gerade im Kontext der sich damals immer stärker professionalisierenden Handelswerbung – gefehlt hat. Die Gestaltung orientierte sich stark an bekannten Weihnachts- oder Neujahrskampagnen, ohne einen eigenen, markanten visuellen Stil zu entwickeln, der über den puren Anlass hinaus Bestand gehabt hätte. Meiner Meinung nach hätte es hier mehr Mut gebraucht, etwa zur Abstraktion oder zu ungewohnten Bildmotiven.

Kaufland ist traditionell für eine konsistente Markenbotschaft und eine konsequente Ausrichtung auf Preisführerschaft und Angebotskommunikation bekannt. Das hat sich auch in diesem Spot widergespiegelt. Die Integration des Logos am Schluss, umrahmt von der für Kaufland typischen roten Kontur, hat in gewohnter Weise Sicherheit und Verlässlichkeit suggeriert – das hat das Markenbild konsequent und erwartbar weitergeführt. In meiner Wahrnehmung aber hätte es der Marke langfristig mehr genützt, sich auch mal an differenzierteren, durchaus emotionaleren oder gar provokanteren Ansätzen zu versuchen, wie es einige Wettbewerber später vorgemacht haben.

Interessant an diesem Spot fand ich, dass eine Personalisierung nahezu vollständig ausgeklammert geblieben ist: Werbliche Testimonials oder prominente Protagonisten wurden, wie so oft bei Kaufland, außen vor gelassen. Dies ist meiner Ansicht nach eine verpasste Chance gewesen, der Eigenwerbung mehr Identifikation oder gar Haltung zu geben. Die Reduktion auf Schrift, Farbe und Produkte hat zwar Effizienz signalisiert, ließ aber im Vergleich zu den damals bereits kursierenden, mutigeren Ansätzen der Konkurrenz an Tiefe und Nachhall vermissen.

Betrachtet man die Darbietung im historischen Kontext von 2021 – und insbesondere inmitten einer zunehmend digitalisierten Werbelandschaft, in der kreative Impulse und das Storytelling an Bedeutung gewannen – bin ich der Meinung, dass Kaufland mit dieser Kampagne sehr auf Sicherheit und kurzfristige Impulskäufe gesetzt hat. Gleichzeitig wurde auf ein Mindestmaß an Kreativität zurückgegriffen. Aus heutiger Sicht wäre dieser Spot, so ausgestrahlt wie damals, erheblich aus der Zeit gefallen und hätte im Werbeblock wohl kaum nachhaltige Aufmerksamkeit erzielen können.

Insgesamt denke ich, dass der Spot seinen kurzfristigen Zweck erfüllt hat, aber weder als Meilenstein der Werbegeschichte noch als inspirierende Kampagne im Gedächtnis bleiben dürfte. Wer wie ich anspruchsvollere, überraschendere und künstlerischere Kommunikationsansätze schätzt, musste diesen TV-Spot seinerzeit wohl eher nüchtern zur Kenntnis nehmen.

Autor: Ralf Zmölnig