Ich bin der Ansicht, dass diese Bildsprache geschickt darauf hinführte, dass auch in einer von medialen und mobilen Reizen dominierten Welt die wichtigsten Momente ganz woanders stattfinden: zu Hause, bei der Familie.

Gerade dieser dramaturgische Dreh, erst durch das hochaktuelle, beinahe hektische Medienumfeld zu führen, um dann als Kontrast mit dem „wichtigsten Ort der Welt“ – dem eigenen Zuhause – zu überraschen, empfand ich als anspruchsvoll und nachvollziehbar konstruiert. Der erzählerische Spannungsbogen, der mit Alltagsbeobachtungen begann und in der emotionalen Szene mit dem Kind (dem ersten Milchzahn als Symbol für kleine, große Familienmomente) kulminierte, halte ich für eine ausgesprochen smarte Verbindung zwischen Neuigkeitsversprechen der Werbung und der Produktwelt von Schwäbisch Hall.

Die Werbebotschaft in diesem Spot war in meinen Augen konsequent mit der Markenidentität verknüpft: Familie, Geborgenheit, Lebensstationen – und dies als emotional aufgeladene Basis für das Bausparen als lebensbegleitende, verlässliche Finanzlösung. Schwäbisch Hall verstand es in ihrer jahrzehntelangen Geschichte immer wieder, „Heimat“ und „Ankommen“ ins Zentrum der Bildsprache zu rücken; der Spot aus 2016 griff dieses Markenversprechen authentisch auf, während das Angebot eines neuen, angeblich zinsstärkeren Bausparprodukts clever als Innovation inszeniert wurde, ohne die bewahrten Kernwerte des Unternehmens zu relativieren.

Das kreative Konzept schätzte ich als angenehm zurückhaltend, in der Umsetzung jedoch durchaus modern: Die stetige Einblendung des Markenlogos in auffallendem, konsistentem Corporate Design war subtil, aber markant. Die visuelle Sprache, insbesondere in den familiären Szenen, setzte auf warme Farbkontraste, gemütliche Interieurs und einen leicht nostalgischen, aber keineswegs verstaubten Stil. Besonders bemerkenswert finde ich, dass auf große Effekte zugunsten von Alltagsnähe verzichtet wurde – gerade das machte den Spot glaubwürdig.

Aus heutiger Sicht denke ich, dass dieser Spot es verstanden hatte, seine Zielgruppe, die traditionell eher sicherheitsorientiert und familienbezogen ist, im Jahr 2016 passend anzusprechen – gerade, indem er den Kontrast zwischen medialer Überflutung und häuslicher Geborgenheit herausarbeitete. Meiner Meinung nach bediente der Werbefilm gezielt den Zeitgeist, in dem Menschen begannen, sich nach „Echtheit“ und Verwurzelung zu sehnen, während die Welt um sie herum immer komplexer wurde.

Trotz all dieser positiven Attribute sehe ich in der Rückschau auch gewisse Schwachstellen: Ich finde, dass die Distanz zur medialen Realität zwar bewusst inszeniert, aber fast etwas plakativ wirkte. Die Bildsprache war zwar charmant, jedoch wenig mutig in der progressiven Weiterentwicklung der Markenkommunikation – der Spot reihte sich harmonisch in die vorherige Markenrhetorik ein, irritierte aber nicht oder regte zum tieferen Nachdenken an, was meiner persönlichen Einschätzung nach Potenzial verschenkte. Zudem empfand ich den produktbezogenen Teil – „Bausparen Plus Zins-Chancen“ – als relativ nüchtern ins Bild gebracht; etwas mehr Kreativität zur Visualisierung des neuen Produktvorteils hätte dem Spot gutgetan.

Alles in allem muss ich jedoch sagen, dass Schwäbisch Hall mit diesem Spot im August 2016 einen soliden, emotionalen und bildstarken Auftritt hinlegte, der die Markenwerte schlüssig transportierte. Für meine eigenen Ansprüche – also für Kommunikationen, die gern etwas mehr wagen, überraschen und ein Stück weit irritieren – blieb die Umsetzung ein Stück weit zu konventionell. Dennoch ist und bleibt er ein durchaus gelungenes Beispiel dafür, wie Traditionsunternehmen sich zeitgemäß inszenieren können, wenn sie Wert auf Konsistenz, Emotion und Alltagsnähe legen.

Autor: Ralf Zmölnig