Ich erwarte bei einer Marke, die ihre Zugehörigkeit zu einer „Familie“ betont, zumindest einen subtilen Twist in Richtung Alltagstauglichkeit statt bloßer Werbe-Idylle.

Aus meiner Sicht liegt die Stärke des Spots in der klar erkennbaren Zielgruppenadressierung: Hier werden dynamisch-familiäre Verbraucher:innen mit einem Sinn für unkomplizierte Pflegeroutinen angesprochen, denen dennoch „natürliche“ Inhaltsstoffe wichtig sind. Anders gesagt: „Kokosnussextrakt“ als prominentes Schlagwort übermittelt eine gewisse Natürlichkeits- bzw. Exotik-Sehnsucht, die (ich vermute mit Bedacht) visuell und im Text untermauert wird. Ich würde mir wünschen, dass man dieses Thema einen Tick weniger brav aufgreift – da birgt sich für mich Potenzial.

Die Werbebotschaft selbst – Repair, Pflege, Regeneration – wird schnörkellos und plakativ transportiert. Persönlich fehlt mir hier die raffiniert-versteckte Wendung, die das Produkt nicht einfach als Lösung, sondern auch als Statement erscheinen ließe. Statt einer subtilen Ansprache gibt es die klassische Kaskade: Problem (strapaziertes Haar), Lösung (Glem Vital Repair mit Kokos), Call-to-Action („Jetzt probieren!“). Gewiss, das ist in sich schlüssig, aber aus meiner Warte hätte man sich noch ein Stück mehr trauen können, das Allerweltsnarrativ zu unterlaufen.

Was die Kreativität und Originalität betrifft, erkenne ich sicherlich handwerklich saubere Arbeit – etwa in der Parallelsetzung von Anwendung und Ergebnis oder der kombinierten Darstellung der verschiedenen Produktvarianten. Dennoch drängt sich bei mir der Eindruck auf, dass man eine Checkliste für das Genre „Pflegewerbung“ abgehakt hat, anstatt die gewonnenen Spielräume mutiger zu nutzen. Ich frage mich, warum der familiäre Kosmos nicht mal augenzwinkernd inszeniert wird – immerhin wäre da ein überraschender Kontrapunkt zur klassischen Sanftheit vorstellbar gewesen.

Die visuellen Elemente sind auf Hochglanz poliert – weiche Farbverläufe, luzide Lichtstimmungen und behutsame Unschärfen erschaffen eine einladende Atmosphäre, die ich durchaus schätze. Allerdings kann ich mich dem Gedanken nicht entziehen, dass Glem Vital auf Nummer sicher geht und dabei ein Stück Austauschbarkeit riskiert. Das Setting mit lachender Protagonistin und Badewannenromantik könnte so auch in jedem beliebigen Shampoo-Spot vorkommen, dem es genügt, Wohlgefühl an die Stelle von Innovativem zu setzen.

Meinem Eindruck nach bleibt die Markenbotschaft des Spots letztlich unverrückbar konsistent: Glem Vital, das bedeutet unkomplizierte Pflege für echte Alltagsheld:innen. Aber ich hätte mir mehr den Mut zur Eigenständigkeit gewünscht – vielleicht einen kurzen Moment, der gängige Schönheitsideale hinterfragt oder spielerisch mit den Erwartungen der Zuschauer:innen spielt.

Wer mag, darf sich den Spot also gerne anschauen, aber mich würde tatsächlich interessieren, wie ihr die Balance zwischen Professionalität und Innovation empfindet. Ist das für euch ein „Pflichtprogramm“ oder fehlt euch auch der besondere Kniff – und woran würdet ihr als Werbeprofi bei Glem Vital noch drehen? Diskutiert doch mal mit und lasst eure Eindrücke zu Sprache und Bildsprache als Kommentar da!

Autor: Ralf Zmölnig