Das Erbe der Bank of Scotland, gegründet 1695 und am deutschen Markt mit Akzenten im digitalen Direktbanking etabliert, hätte meiner Ansicht nach durchaus mehr Spielraum für innovative, emotional ansprechende Werbeformeln und überraschende Inszenierungen geboten.

Ich denke, die Zielgruppenadressierung wurde im Spot sehr klar auf preissensitive, rational abwägende Verbraucher:innen zugeschnitten, die Zinssätze vergleichen und dabei auf Transparenz sowie Einfachheit Wert legen. Das wird aus meiner Sicht durch die plakative Visualisierung von Zinsangeboten und die nüchterne Präsentation der Vergleichstabellen unterstrichen – Elemente, die vermutlich besonders Menschen ansprechen sollten, die sich im „Kreditdschungel“ oft verloren fühlen und nach Orientierung verlangen. Dennoch – und das fiel mir damals wie heute auf – bewegte sich die Kommunikation im engen Rahmen einer sachbetonten Produktwerbung ohne erkennbare narrative Tiefe oder erzählerische Überraschungsmomente.

Die Werbebotschaft selbst – ein einheitlicher Topzins von 2,39%, unabhängig von Kreditlaufzeit und Kredithöhe, „ganz ohne Vergleichen“ – ist meiner Meinung nach stringent auf den Kundennutzen ausgerichtet und in ihrer Klarheit bemerkenswert. Gleichwohl hätte ich einen kreativeren Umgang mit der Materie erwartet, zumal der Wettbewerb im deutschen Bankenmarkt damals zunehmend auf einprägsame und teils humorvolle Kommunikationsstile setzte. Im Spot dominierten stattdessen sachliche Animationen, Icons und Tabellen – visuelle Elemente, die wohl eher an eine Präsentation denn an einen aktivierenden Werbefilm erinnerten. Mir fehlte persönlich ein Storytelling, das aus dem klassischen Gewand der Bankenwerbung ausbricht, Sinneseindrücke hervorruft oder sich durch originelle Wendungen und überraschende Stilmittel dauerhaft im Gedächtnis verankert.

Was ich außerdem kritisch sehe: Die Inszenierung wirkte in ihrem blauen und grünen Farbkanon, mit den schwebenden Zetteln und den ständig präsenten Zinskonditionen, zwar konsistent mit dem visuellen Markencode der Bank of Scotland und ihrer bekannten Farbwelt, doch erschien mir das Gesamtbild zu formelhaft. Gerade vor dem Hintergrund der langjährigen Markenhistorie hätte ich im Jahr 2022 ein gewagteres, mutigeres Kommunikationsstatement begrüßt, das Vertrauen nicht nur durch Zahlen, sondern auch mittels emotionaler oder sogar humoristischer Zwischentöne auflädt. Die Betonung von „Vertrauen seit 1695“ im Abspann blieb für meinen Geschmack zu separiert vom Rest der erzählten Markenwelt und wurde nicht ins eigentliche Spotgeschehen integriert.

Meiner Ansicht nach war das größte kreative Defizit jedoch das Fehlen einer echten Überraschung oder eines imposanten kreativen Aufhängers, der aus der Allgegenwärtigkeit von Zinsbotschaften am Markt hätte herausstechen können. Ich bin der Meinung, dass eine Bank mit einer derart traditionsreichen DNA auch in der Markenkommunikation Mut zur Distinktion zeigen und persönliche Relevanz abseits reiner Konditionen schaffen sollte. Zudem wirkten die komplexen, oft schwer lesbaren Rechtstexte am unteren Bildrand zwar juristisch notwendig, aber kommunikativ störend – es entstand aus meiner Sicht eine Art Informationsüberflutung, ohne dass sich für den Rezipienten ein emotionaler Zugang ergab.

In Summe bewerte ich den Spot rückblickend als beispielhaft für eine Zeit, in der Sicherheit, Transparenz und Preisvergleich einen hohen Stellenwert für Bankkunden hatten – doch vermisste ich, speziell im Kontext des Jahres 2022 und jenseits reiner Produktinformation, den Mut, die Marke Bank of Scotland origineller in Szene zu setzen. Meiner Meinung nach wäre es spannend gewesen, neben der reinen Zinsinformation auch mit Insights zu arbeiten, mit einem Augenzwinkern zu überraschen oder dramaturgische Elemente einzusetzen, die dem Spot einen erinnerungswürdigen Stempel aufdrücken. So bleibt er für mich vor allem ein ordentlicher, aber wenig inspirierender Vertreter des rationalen Bankenmarketings jener Zeit.

Autor: Ralf Zmölnig