Gerade in den frühen 2020ern setzte About You häufig auf bekannte Gesichter, um Authentizität und Nähe zur Community zu inszenieren. Ich finde, Lena Gercke transportierte dies durch ihre sympathische Art und ihr fashion-affines Auftreten glaubwürdig.

Die Zielgruppenansprache erschien mir damals relativ eindeutig: angesprochen wurden mode- und trendbewusste Frauen im jüngeren bis mittleren Alter, wahrscheinlich zwischen Anfang 20 und Mitte 30, digitalaffin, stilorientiert und auf der Suche nach einem unkomplizierten Shopping-Erlebnis. Der Spot adressierte Bedürfnisse nach Individualisierung sowie nach unkomplizierten Benefits, wie sie etwa durch einen Rabattcode vermittelt wurden.

Was die kreative Umsetzung und die Originalität betrifft, hatte ich bereits zum Erstausstrahlungszeitpunkt eine gewisse Skepsis verspürt. Die visuelle Dramaturgie – modern eingerichtete Wohnung, natürliche Lichtsituationen, entspannte Alltagssituationen, Pastell- und Beigetöne – entsprach zwar absolut den vorherrschenden Instagram-Ästhetiken jener Zeit, setzte sich aber, meiner Ansicht nach, kaum vom Feld der Mitbewerber ab. Ich denke, hier hätte man durchaus mutiger agieren und experimentieren können. Weder die eingesetzten Stilmittel noch die Bildsprache hoben sich substanziell von anderen Fashion- oder Lifestyle-Spots dieser Zeit ab, ein gewisser Überraschungseffekt blieb aus. Meiner Meinung nach wäre hier mehr Potenzial gewesen, eine unverwechselbare Markenidentität herauszuarbeiten.

Bei der Werbebotschaft setzte About You klar auf das Konversionsziel – die zentrale Kommunikation des zeitlich limitierten Rabatts posi­tionierte sich sehr prominent. Aus professioneller Sicht finde ich solche kurzfristigen Promotions zwar nachvollziehbar in ihren Effekten, halte sie jedoch nur dann für wirklich stark, wenn sie eingebettet sind in eine kreative, erzählerisch oder bildlich ungewöhnliche Inszenierung. Im vorliegenden Spot stand für mich das Angebot so sehr im Vordergrund, dass emotionale oder narrative Ansätze fast vollständig in den Hintergrund traten.

Die visuelle Umsetzung – helle, luftig-leicht eingerichtete Settings, Fokus auf sympathische Selbstinszenierung, vor allem durch das Selfie-Moment – passt durchaus zur About You-Markenwelt, wie sie seit ihrem Markteintritt 2014 aufgebaut wurde: urban, lebensnah, jung – jedoch ohne die Radikalität oder Irritationsmomente, die mich als Konsument und insbesondere als Experte besonders angesprochen hätten. Ich bin der Meinung, dass durch den extrem konventionellen Look zwar eine breite Zielgruppe angesprochen wurde, das Markenprofil dadurch aber an Schärfe verlor.

Die Konsistenz mit der bisherigen About You-Kommunikation war gewährleistet, vor allem, weil flexibles, inspirierendes Online-Shopping seit jeher Markenkern war und sich dies auch in diesem Spot widerspiegelte: unkomplizierte Rücksendung, prominente Digitalisierung von Shoppingprozessen sowie der Fokus auf Influencer-Persönlichkeiten. Ich finde es durchaus verständlich, dass About You auch in 2021 noch sehr stark auf solche Motive setzte.

Als potenzielle Schwäche sah ich damals – und sehe dies retrospektiv bestätigt – das Fehlen einer wirklichen, differenzierenden Markenbotschaft abseits der Incentivierung durch prozentuale Rabatte und Promi-Faktor. In einer Zeit, in der Purpose, kulturelle Relevanz und kreative Abgrenzung immer wichtiger wurden, hätte ich es für mutig und sinnvoll empfunden, etwa progressive Stilbrüche, überraschende Bildwelten oder ungewohnte Tonalitäten einzusetzen.

Insgesamt bin ich der Auffassung, dass der Spot – gemessen an den Benchmarks von 2021 – solide, aber in seiner kreativen Tiefe und in der Zuspitzung der Markenidentität eindeutig Luft nach oben gelassen hatte. About You setzte auf sichere, schon vielfach bewährte Kommunikation, konnte damit kurzfristige Aktivierung zwar nachweislich erzielen, aber meiner Ansicht nach eben nicht wirklich dauerhaft inspirieren oder herausragen. Für innovative Markenführung hätte es hier markantere, eigenwilligere Impulse gebraucht.

Autor: Ralf Zmölnig