Gerade im Jahr 2021, als der Markt bereits durch eine regelrechte Flut an Rabattaktionen und penetrant-aggressiven Preisansagen geprägt war, empfand ich diesen Weg als wenig differenzierend im Vergleich zum Wettbewerb.

Hinsichtlich der Zielgruppenansprache bin ich der Meinung, dass About You hier solide gearbeitet hatte und den damals ohnehin sehr online-affinen und deal-orientierten Kern ihrer Shop-Besucher*innen adressierte. Die Integration der Social-Media-Komponente durch das Dankeschön an @laramariar war durchaus clever und spiegelte den Spirit der jungen, digitalen Zielgruppe wider. Dennoch erschien mir dieser Ansatz in der Execution eher wie ein nachträglich eingefügtes Vogue-Element, als Teil eines stringenten Storytellings. Darüber hinaus hätte ich mir einen pointierteren Bezug auf das Community-Gefühl, jenseits bloßer Reichweiten-Bekundungen, gewünscht; der Claim „10 Millionen About You Momente“ wirkte aus meiner Sicht eher als abstrakter Anker denn als emotional einzunehmender Aufhänger.

Aus Kreativitätssicht fand ich die Gestaltung und die visuelle Umsetzung recht gefällig, aber keinesfalls bahnbrechend. Die Ästhetik, geprägt durch plakative Farbblöcke und handschriftliche Elemente, erinnerte zwar an den damals noch anhaltenden Trend, Marken Emotionalität und Nahbarkeit zu verleihen, jedoch wurde meiner Ansicht nach das Potenzial für einen prägnanteren, aufmerksamkeitsstärkeren Bruch mit den üblichen Stilmitteln verschenkt. Die Bildsprache mit den kurzen Sequenzen aus dem Fahrstuhl – von Pyjamalook bis zum Abend-Outfit – sollte wohl Diversität und Alltagstauglichkeit unterstreichen, wirkte aber meines Erachtens zu inszeniert und beinahe austauschbar. Ich hätte mir hier überraschendere, unerwartete Perspektiven oder einen pointierten Moment gewünscht, der wirklich „heraussticht“ und die Marke auf den Punkt unverwechselbar macht.

Die Konsistenz der Markenbotschaft war insgesamt gegeben: About You setzte damals wie heute auf unkomplizierten Zugang sowie digitale Schnelligkeit, verbunden mit einer modischen Community-Identität. Ich glaube allerdings, dass dieser Spot im Herbst 2021 der eher schnellen Taktik-Verführung unterlag, kurzfristige Uplifts durch Preisnachlässe zu erzielen, statt sich nachhaltig als inspirierende Instanz im Online-Fashionmarkt zu behaupten. Diese kurzfristig orientierte Kommunikation hätte meiner Meinung nach einen stärkeren dramaturgischen Bogen und eine profundere Auseinandersetzung mit den Markenwerten verdient.

Was die Werbebotschaft betrifft, kann ich zusammenfassend sagen, dass sie klar, prägnant und im Abverkaufs-Kontext nicht zu verfehlen war. Allerdings fehlte für meine Begriffe eine subtilere, überraschend innovative Ebene, wie ich sie von einer Marke in dieser Größenordnung erwartet hätte. Ich finde, About You versäumte es, mit Storytelling, ungewöhnlichen Stilmitteln oder gar Reibungspunkten wirklich eine eigene Kategorie im Gedächtnis der Zuschauer*innen zu besetzen.

Abschließend betrachtet glaube ich, dass dieser TV-Spot mit seiner exemplarisch plakativen und klassisch-abverkaufsgetriebenen Anlage vielleicht dem rasanten Wachstum von About You in jener Phase Rechnung getragen hat. Dennoch ließ er für mich, im Nachgang betrachtet und gemessen an meinem Anspruch an Fernsehwerbung, die den Mainstream verlässt, viele Chancen auf einen nachhaltig differenzierenden Auftritt liegen. Ich bin der Meinung, dass eine ambitioniertere Gestaltung – mit mehr Mut zu Eigensinn und Originalität – der konsequent nächste Schritt in der damaligen Markenentwicklung gewesen wäre.

Alles in allem bleibt bei mir aus dem Rückblick der Eindruck, dass dieser Spot sehr solide, aber wenig bemerkenswert war – und gerade in einem derart kompetitiven Markt hätte ich mir für About You eine Präsentation gewünscht, die weitaus mehr überraschte, polarisierte und sich dadurch im Bewusstsein der Zuschauer*innen auch langfristig verankern konnte.

Autor: Ralf Zmölnig