Aus meiner Perspektive gelingt es der Werbung gut, eine Diversität an Persönlichkeiten und vor allem individueller Styles einzufangen: Orange, rosa, blond – Haarfarben, Outfits und Haltungen differenzieren die Figuren auffällig. Das Setting mit Wänden voller Plakate, Friseursalon-Lichtern und einer Bühne, auf der mit Mikrofonen performt wird, erweckt durchaus Authentizität und eine gewisse Coolness. Was ich hier durchaus gelungen finde, ist das Spiel mit Licht, Raum und Farbe, das zu einem in sich stimmigen Bild von Selbstentfaltung und Kreativität beiträgt – sehr im Zeitgeist, und es irritiert angenehm, dass nicht gleich klassisch-glatte Models um Volumen kämpfen.

Wenn ich mir jedoch die kommunikative Wendung anschaue, kommt schnell das Gefühl auf, dass trotz der ambitionierten, fast schon künstlerisch anmutenden visuellen Sprache die eigentliche Botschaft recht traditionell bleibt. Ich habe den Eindruck, dass da sehr deutlich ein Produktvorteil („jetzt mit schützendem Haptic System“) in Szene gesetzt wird, der zwar – goldene Risse auf weißer Struktur! – hübsch illustriert wird, aber letztlich wenig darüber verrät, was wirklich anders oder neu ist. Da denke ich: Marketing-Sprech in goldener Gewandung.

Was ich für erkenntnisreich halte, ist die Nutzung von Schlagworten wie „HAPTIQ SYSTEM“, „24 STUNDEN HALT“ und „NATÜRLICH AUSSEHENDES VOLUMEN“. Die werden wie Textmarker durch die Szenen geworfen, bleiben aber, meiner Ansicht nach, auf eher austauschbarem Niveau. Dass dann der finale Claim „For every you“ etwas universell Individualistisches wie eine leere Parole vermittelt, ist fast schon süffisant: Ich meine, wie viel Unterschiedlichkeit kann eine Spraydose anbieten?

In Bezug auf Kreativität gefällt mir, wie die Bildsprache mit Musik, Selbstinszenierung und starken Charaktergesten spielt. Auf der anderen Seite wird das Rad nicht wirklich neu erfunden, vieles erinnert an gängige Popkultur-Codes, nur etwas sauberer und ästhetischer eingedampft. Dennoch, ich schätze, dass der Versuch unternommen wurde, nicht bloß Haarspray zu zeigen, sondern Lebensgefühl – und das konsequent aus der Perspektive der Nutzer:innen.

Mein Fazit fällt daher durchwachsen aus: Der Spot schlägt sich visuell und in Teilen auch von der Zielgruppenansprache souverän, doch in Sachen intellektueller Anspruch und kommunikativer Originalität hätte ich mir noch einen tieferen, vielleicht unerwarteten Twist gewünscht. Eine kleine ironische Brechung oder eine überraschende Storyline – das hätte der klassischen Tonality wirklich frischen Wind verliehen.

Wie siehst Du das – erzeugt der Werbespot bei Dir das Gefühl echter Innovation, oder bleibt’s am Ende doch beim schönen Schein für die Haarpracht? Ich bin gespannt, ob dich eher die Bildästhetik überzeugt oder die Marke kommunikativ zu wenig wagt!

Autor: Ralf Zmölnig