Das Testimonial in Lederjacke, der sich lasziv durch die Haare fährt, mag zunächst authentisch wirken, aber die Inszenierung spielt doch eindeutig mehr auf eine idealisierte Coolness als auf erlebte Glaubwürdigkeit an.

Ich denke, die Werbebotschaft selbst ist ziemlich clever platziert – "2 Lösungen in 1", das verspricht Simplizität für ein vielbeschäftigtes Publikum, das nicht lange im Bad stehen will. Die Kombination von Salicylsäure und Hyaluronsäure wird in den kurzen Szenen visuell angenehm pointiert, das wissenschaftlich-innovative Image von L'Oréal wird hier ganz klar gepflegt. Gleichzeitig setzt die visuelle Ästhetik auf klare Linien und eine angenehme Zurückhaltung – die Produkte sind präsent, aber nicht aufdringlich, und die Farbwelt in Lila und Grün transportiert einen Hauch von futuristischer Frische. Ich finde diesen visuellen Ansatz durchaus ansprechend, auch wenn er sich nicht weit aus dem Fenster der experimentellen Ästhetik lehnt.

Aus meiner Perspektive ist die Kreativität beim Storytelling, also die Übertragung des Motorsport-Flairs auf das Thema Haarpflege, eine durchaus interessante Wendung – doch ganz ehrlich, ein wenig sieht man sich an Männern in Lederjacken, die sich durch die Haare fahren, schon satt. Die originelle Brücke „nach jedem Rennen frisches Haar” setzt auf den Reiz des Besonderen, bleibt aber letztlich eher an der Oberfläche. In meinem Empfinden wäre hier ein noch raffinierteres Stilmittel wünschenswert gewesen – vielleicht eine ironische Brechung oder ein spielerisch cleverer Dialog, statt der sehr geradlinigen Präsentation.

Meiner Ansicht nach gliedert sich die Konsistenz der Markenbotschaft stimmig in den L'Oréal-Kosmos ein. Immerhin schafft es die Inszenierung, die Kernbotschaften der Marke – Wissenschaft, Schönheit und Alltagsluxus – zusammenzuhalten. Die Designsprache sowohl bei den Protagonisten als auch bei der Inszenierung der Produkte transportiert das Markenimage konsequent weiter.

Allerdings kann ich beim besten Willen nicht umhin, eine gewisse Oberflächlichkeit in der Ansprache und im inhaltlichen Aufbau zu erkennen. Die Claims stapeln sich erwartungsgemäß hoch und die Emotionalisierung wirkt solide, aber dennoch etwas vorhersehbar. Ich glaube, ein wenig mehr inhaltliche Tiefe, etwa in Form eines subtilen, selbstironischen Kniffs oder einer noch ungewöhnlicheren Szenerie, hätte dem Spot gutgetan.

Unterm Strich macht der Spot vieles richtig, gibt sich aber mit klassischen Rezepten zufrieden. Ich bin der Meinung, dass anspruchsvolle Zuschauer:innen ein feineres Gespür für Zwischentöne und überraschende Momente verdient hätten – und auch ein smarteres Spiel mit den Erwartungen. Der Spot geht kein Risiko ein, bleibt gefällig und poliert.

Was meinst du? Wo liegen für dich die größten Stärken des Spots, wo hättest du dir mehr Raffinesse oder Tiefe gewünscht? Diskutiere mit – welche Zutaten machen für dich wirklich herausragende Kosmetikwerbung aus?

Autor: Ralf Zmölnig