Der Markenauftritt wird fast religiös inszeniert, der Spot kulminiert in einer Art modernem Sakrament – PRADA als Heilssymbol am Horizont, während der Ozean Unwägbarkeiten und Tiefe suggeriert.

Was die Zielgruppenansprache betrifft, so ist für mich klar, dass hier die klassische Prada-Klientel – urban, kultiviert, der Luxuswelt gedanklich ebenso wie finanziell zugeneigt – angesprochen wird. Die Sequenz, in der das Hightech-Segelboot ins Bild rückt, adressiert aus meiner Sicht besonders jene, die sich in der Dynamik zwischen Naturgewalt und technologischer Raffinesse selbst verorten möchten. Ich denke, diese Verbindung von maritimer Weite und kontrolliertem Innovationsgeist ist bewusst gewählt, um ein Narrativ von Freiheit, aber auch Überlegenheit zu konstruieren.

Die Werbebotschaft wirft sich meiner Ansicht nach in pose: Luna Rossa Ocean ist kein Duft, sondern vielmehr ein Lebensgefühl, das sich zwischen Distinktion und Ursprünglichkeit bewegt. Der Slogan „Luna Rossa Ocean, the new eau de parfum by Prada“ tritt dabei durchaus selbstbewusst auf, bleibt aber angenehm subtil. Ich bin der Meinung, dass gerade das Fehlen offensichtlicher Duftmotive – Zitrusfrüchte, Lederhandschuhe oder betörende Blüten – eine gewisse erzählerische Intelligenz zeigt. Der Spot lässt Raum für Interpretation, gibt nicht alles preis und reizt das Kopfkino aus – eine Strategie, die ich bei Luxusmarken grundsätzlich begrüße.

Kreativität und Originalität äußern sich meines Erachtens in der Art und Weise, wie mit Farben, Licht und Unschärfen gespielt wird. Die Entscheidung, auf eine stark stilisierte, fast monochrome Bildsprache zu setzen, schafft Distanz und Nähe zugleich. Ich sehe darin einen gelungenen Versuch, mit Adjektiven wie kühl, geheimnisvoll und energiegeladen zu arbeiten, ohne in platten Pathos abzugleiten. Besonders süffisant finde ich die Lichtführung, die die Person auf dem Boot glorifiziert, ohne ihr Gesicht je zu offenbaren – ein kleines ironisches Augenzwinkern in Richtung der üblichen Personalisierungsversuche in der Branche.

Aus Sicht der Konsistenz der Markenbotschaft bleibt man bei Prada klar im eigenen Kosmos: kühle Eleganz, ein Hauch Unnahbarkeit, das Spiel mit Kontrasten – Wasser versus Technik, Dunkelheit versus Licht. Ich sehe hier keine Erschütterungen im Markengefüge, im Gegenteil: Wer Prada mag, wird diesen Spot lieben – oder sich zumindest respektiert fühlen.

Natürlich kann man sich fragen, ob das alles nicht manchmal ein wenig zu viel des guten Stils ist. Ist das feierliche Überhöhen des Alltags (wir stehen immerhin nur auf einem Boot, nicht auf dem Olymp) nicht irgendwann redundant? Doch genau darin, im Spiel mit der Grenze zwischen Arroganz und Understatement, beweist Prada aus meiner Sicht jedes Mal aufs Neue eine gewisse Meisterschaft.

Abschließend interessiert mich brennend: Wie wirkt dieser Auftritt auf dich? Regt dich die stilistische Kühle an oder stößt sie dich ab? Was löst das Bild des Segelboots unter den dramatischen Wolken in dir aus? Diskutiere gerne mit – aus professioneller Neugier, subjektiver Begeisterung oder gepflegtem Zweifel!

Autor: Ralf Zmölnig