Ich merke an dieser Stelle an, dass die Szene mit dem älteren Herrn im Auto durchaus skurriles Potenzial bietet: Die Symbolik einer Vater-Tochter-Situation bleibt recht offen, während die bewusste Trennung der Generationen als Bild recht charmant, wenn auch nicht explizit zu Ende gedacht ist. Hier hätte ich mir, ehrlich gesagt, noch ein Fünkchen mehr erzählerischen Tiefgang oder einen inhaltlich clevereren Twist gewünscht.

Der Verzicht auf Aluminium wird plakativ in den Mittelpunkt gestellt – „0% Aluminium“ prangt in großen Lettern auf dem Bildschirm, was meines Erachtens die wachsende Skepsis gegenüber bestimmten Inhaltsstoffen sehr direkt und kalkuliert bedient. Die Bebilderung dazu – Sprühdose, nackter Bauch, blauer BH – ist konventionell genug, um weder anzuecken noch wirklich zu überraschen. Ich denke, hier geht Nivea keinen Wagnisweg, sondern verkauft das Althergebrachte in neuem, pseudo-puristischem Gewand. Für meinen Geschmack hätte man aus dem Thema Natürlichkeit und Hautfreundlichkeit weit mehr herausholen können; die inszenatorische Handschrift bleibt für meinen Anspruch an intelligente Kommunikation doch arg reduziert.

Ziemlich aufschlussreich finde ich die plakative Text-Visualisierung wie „ANTI-BAKTERIELL“ und „48h Deo-Schutz“. Auch „Frischer Duft“ in knalligem Pink wirkt schon fast wie ein technischer Bulletpoint, der mit Werbe-Klischees spielt, sich diesen aber zu wenig ironisch entzieht. Den Rückbezug auf „Deutschlands Nummer 1 Deo-Marke“ empfinde ich dabei fast als billige Absicherung – ist das tatsächlich noch ein Gütesiegel oder nur routinierte Selbstvergewisserung? Aus meiner Sicht wirkt das dezent überstrapaziert, weil die dramaturgische Spannung fehlt.

Visuell bleibt der Spot klar, von der Farbgebung her stringent Nivea-blau und weiß – die Eigenständigkeit der Marke ist also auch für Skeptiker unverkennbar. Dennoch wäre es meiner Ansicht nach spannend gewesen, durch subtilere Bildsprache oder ironische Spiegelungen das klassische Werbeformat aufzubrechen. Ich bin der Meinung, die Kreativarbeit orientiert sich zu sehr am Durchschnitt und verlässt zu selten das Erwartbare.

Alles in allem kann ich dem Spot zugute halten, dass er sich der Thematik frisch, schnörkellos und schnell verständlich nähert, allerdings ohne mich mit einer wirklich cleveren Wendung oder einem frischen Inszenierungsstil zu überraschen. Für anspruchsvolle Zuschauer, die Humor, subtile Ironie oder narrativen Witz goutieren, bleibt zu wünschen, dass Nivea in Zukunft mehr Mut zur kreativen Differenzierung aufbringt.

Welche Eindrücke oder Interpretationen hast du beim Anschauen des Spots? Ich bin gespannt, ob du die Strategie als ebenso pragmatisch oder vielleicht sogar als charmant erfolgreich empfindest – oder ob du in Sachen Anspruch ähnliche Erwartungen hast wie ich.

Autor: Ralf Zmölnig