Gerade im Hinblick auf die jahrzehntelange Markenpflege und das Erbe der stets weich gezeichneten, emotionalen Kommunikation hätte ich – ehrlich gesagt – anspruchsvollere neue Impulse begrüßt.

Betrachtet man die Zielgruppenansprache, so finde ich, der Spot richtete sich klar an Familien sowie an jüngere Zielgruppen und deren Bezugspersonen. Die eingesetzten visuellen Elemente, wie die Szenen mit Kindern, Alltagsgegenständen wie Buntstiften oder Teddybären und die natürlichen Lichtstimmungen, erinnerten an die vertraute Geborgenheit des Zuhauses und griffen Motive auf, die bei Eltern und Kindern in ihrer Alltagstauglichkeit spielen. Ich bin der Meinung, dass dieses Vorgehen zwar emotional zugänglich, aber wenig überraschend war – die Authentizität in der Ansprache zeigte sich, meiner Ansicht nach, eher in der liebevollen Gestaltung der Settings und weniger in originellen, neuartigen Kommunikationsideen.

Was die Werbebotschaft betrifft, kommunizierte der Spot den Claim „Probiere die zarteste Milka. Weil Zartes besser schmeckt.“ sehr geradlinig. Auch das über Jahrzehnte gepflegte Motiv der Zartheit wurde übernommen und erneut ins Zentrum gestellt. Rückblickend hätte ich es begrüßt, wenn Milka diesen bewährten Claim wenigstens mit einem frischen, überraschenden Kniff oder einer unerwarteten Wendung kombiniert hätte, wie es in früheren Kampagnen der Fall war. Das Potenzial, dem Thema Zartheit neue Facetten zu verleihen, blieb meiner Meinung nach weitgehend ungenutzt.

Ich finde, die Betonung von Behaglichkeit, Licht und fröhlicher Alltagsästhetik fügte sich konsistent in die langjährige Milka-Markenwelt ein; die visuelle Sprache war warm, ruhig und freundlich – aber auch sehr berechenbar. Persönlich hätte ich mir in Zeiten, in denen Werbung stärker denn je um die Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren musste, einen mutigeren, vielleicht visuell oder erzählerisch disruptiven Ansatz gewünscht. Ich denke, dass selbst innerhalb einer an Kinder und Familien gerichteten Markenwelt mehr Raum für überraschende oder kunstvolle Elemente gewesen wäre; gerade die Integration ungewöhnlicher oder herausragender Stilmittel hätte dazu beitragen können, das emotionale Markenerlebnis auch 2023 noch nachhaltiger aufzuladen.

Bezüglich Kreativität und Originalität sehe ich Nachholbedarf: Zwar verstand es Milka, mit ihrer Bildsprache maximal zugänglich zu wirken, ich war aber der Auffassung, dass der Spot auf inhaltlicher Ebene zu stark auf Sicherheit und auf Bewährtes setzte. Aus fachlicher Sicht hätte ich mir eine mutigere Verknüpfung zwischen dem Claim und neuen visuellen Metaphern zur Zartheit vorstellen können, beispielsweise durch raffinierte oder ästhetisch markante Stilbrüche oder überraschende Storywendungen. Dennoch entsprach der Spot visuell und narrativ konsequent der markeneigenen Tonalität – für Konsistenz war also zweifelsohne gesorgt.

Potentielle Schwachstellen sehe ich insbesondere in der fehlenden Differenzierung: Ich bin der Meinung, dass andere Schokoladenhersteller in der gleichen Zeitspanne stärker polarisiert, irritiert oder inhaltlich frischer kommuniziert haben. Die gewählte Darstellungsweise drohte, in der Vielzahl ähnlicher Commercials geradezu unterzugehen, anstatt aus der Masse an Werbespots positiv hervorzustechen. Als Marketingexperte mit dem Wunsch nach anspruchsvolleren und überraschenderen Konzepten hätte ich es begrüßt, wenn der Spot sich mehr getraut und damit auch das Innovationspotenzial der Marke Milka neu verortet hätte.

Im Fazit ist meine Ansicht, dass Milka im Juli 2023 handwerklich solide und markentreu kommunizierte, aber die Chance vergab, im Sinne einer anspruchsvollen, modernen TV-Kommunikation neue Akzente zu setzen, die auch Jahre später noch als mutig und wegweisend erinnert werden würden.