Die Platzierung des Claims „Reaktiviere Longevity-Gene“ ist dabei in meinen Augen eine bemerkenswert intelligente Strategie, um gleich von Beginn an ein pseudowissenschaftliches Narrativ zu etablieren, das durchaus Fragen aufwirft, aber auch neugierig macht.

Ich finde, dass die Inszenierung der Produktpräsentation – das Serum im edlen Glasflakon, der metallische Verschluss, das durchgehende, präsente Branding – klar darauf ausgelegt ist, nicht nur Vertrauen, sondern auch einen Hauch von Exklusivität zu vermitteln. Die textlichen Einblendungen wie „EPICELLINE®“ geben dem Ganzen einen Anstrich von hochinnovativer Forschung, wobei ich ein gewisses Augenzwinkern nicht verbergen kann, wenn kosmetische Substanzen derart science-lastig inszeniert werden. Es erinnert mich fast an die Goldgräberstimmung in der Epigenetik, wo schon ein moderner Wortstamm reicht, um einen wissenschaftlichen Anspruch zu suggerieren.

Meiner Ansicht nach ist das Heranziehen von Studienhinweisen direkt im Spot ein recht geschicktes Mittel, um gegenüber einer kritischen Zielgruppe Seriosität zu kommunizieren. Allerdings, so denke ich, bleibt die Transparenz hinsichtlich Methodik und Ergebnissen überschaubar – der allseits beliebte Verweis auf die Nutzerzahl und den Untersuchungszeitraum soll die kritische Masse der TV-Zuschauer vermutlich ausreichend beeindrucken. Besonders charmant finde ich die Einblendungen von Rastermustern und digitalen Linien über dem Gesicht: Da werden scientific visuals fast schon als Markenkern etabliert, und trotzdem bleibt reichlich Raum für Assoziationen von Präzision und Hightech – vielleicht ein wenig plakativ, aber visuell prägnant umgesetzt.

Was mich fasziniert, ist die subtile, aber gezielte Aktivierung des Glaubens an machbare Wunder durch Wissenschaft und klinische Expertise. Die Szene mit dem „Vorher-Nachher“-Vergleich ist in meinen Augen ein Paradebeispiel für das Prinzip: „Seeing is believing“, wenngleich ich als kritischer Betrachter selbstverständlich weiß, wie manipulierbar solche Aufnahmen sein können. Die Erwähnung von „bis zu 5 Jahre jünger“ wirkt dabei so ambitioniert wie eine Zinskalkulation auf dem Kapitalmarkt – nicht rundweg unglaubwürdig, aber doch immer mit einem stillen Fragezeichen versehen, wie diese Zeitreise wohl wirklich zustandekommt.

Hervorheben möchte ich auch den Auftritt der weißen Kittel im Laborambiente. Für meinen Geschmack wird hier ziemlich klug mit dem akademischen Habitus kokettiert, um Abstand vom Image bloßer Beautykosmetik zu nehmen – Dermatologie statt Beautydrama ist die Devise. Ich bin der Meinung, diese Anmutung von medizinischer Exzellenz verleiht Eucerin einen entscheidenden Vertrauensvorschuss, auch wenn man als fachlich Interessierter durchaus differenziert auf die reale wissenschaftliche Substanz solcher Versprechungen blicken sollte.

Der Abschluss mit der festlichen Weihnachts-Promotion hat für mich beinahe etwas Süßliches, vielleicht fast ein wenig kalkuliert; dennoch funktioniert die emotionale Aufladung gut. Das Set mit der Gratiscreme als Geschenk adressiert sehr gezielt eine kaufkräftige, wahrscheinlich weibliche Zielgruppe, der man als Marke nicht einfach kurzfristige Impulsangebote macht, sondern Wertigkeit und Fürsorge vermittelt – ein kluger psychologischer Zug zum Weihnachtsgeschäft.

Zusammengefasst: Ich denke, Eucerin gelingt hier ein durchaus clever choreografierter Spagat zwischen glamouröser Beautybotschaft und scheinbar harter Wissenschaft. Die visuellen Mittel sind prägnant gewählt, der Claim ist zeitgeistig und erzeugt ein Gefühl von Fortschrittlichkeit – wenn auch inhaltlich vielleicht mehr Schein als Sein. Die Zielgruppenansprache richtet sich spürbar an anspruchsvolle, auf Evidenz und modernen Lifestyle bedachte Konsumenten.

Mich würde interessieren, wie du als Zuschauer*in diesen wissenschaftlichen Stil in der Kosmetikwerbung bewertest – fühlst du dich dadurch ernstgenommen oder eher um den Finger gewickelt? Bietet der Spot für dich eher Mehrwert oder bleibt zu viel im Bereich der Behauptung? Diskutiere gerne mit – fachlich kritisch oder subjektiv süffisant!