Hier sehe ich handwerkliches Geschick darin, die Inszenierung nicht zu plakativ ausfallen zu lassen, sondern die Protagonistinnen und Protagonisten in kleinen, beinahe kontemplativen Alltagsmomenten zu zeigen.

Ich finde, gerade diese scheinbare Mühelosigkeit im Erzeugen eines gemütlichen, „cozy“ Ambientes erhebt den Spot zwar nicht in die Sphären innovativer Werbekunst, bringt aber eine Behaglichkeit mit, die zumindest emotional funktioniert. Aus professioneller Sicht merkt man der Bildsprache an, dass sie konsequent und stimmig durchgezogen ist – warme Farbtöne, gezielte Lichtakzente, das immer wiederkehrende „Graceland“-Label und das prominent platzierte grüne „D“-Logo stehen im Einklang. In Bezug auf die visuelle Markenführung wird jedenfalls nichts dem Zufall überlassen.

In puncto Zielgruppenansprache denke ich, dass der Spot versucht, einen sehr breiten Bogen zu schlagen: Vom fantasievollen Kind, das in kleine Alltagsfluchten abtaucht, hin zur jungen Frau, die sich in der Großstadt inszeniert, hinein in den wohligen Rückzugsort Café. Meiner Ansicht nach gelingt dadurch eine gewisse Universalität – schließlich kann sich kaum jemand dem Versprechen von Wärme und Komfort in der kalten Jahreszeit komplett entziehen. Ich bin jedoch der Meinung, dass sich hierin auch ein kleines Dilemma verbirgt: Denn eine wirklich scharfe, originelle Zielgruppenansprache bleibt dabei eher aus. Es wirkt fast so, als wolle man allen gefallen – was kommunikativ zwar verständlich, aber nicht übermäßig ambitioniert ist.

Wenn ich den Werbebotschaftskern betrachte, so wird, wenig überraschend, das Wohlfühlmoment in den Vordergrund gestellt. Ich finde allerdings, der Claim „Weil wir Schuhe lieben“ bleibt gedanklich bequem in der Komfortzone: Er transportiert zwar Verbundenheit zur Marke, aber weckt – zumindest bei mir – kein Aha-Erlebnis. Die Intelligenz oder Tiefe, nach der ich bei wirklich herausragender Werbung suche, schimmern höchstens in der behutsamen Verzahnung zwischen den Alltagsszenen und den kleinen Fluchten im Spot durch. Intelligent oder gar anspruchsvoll im konzeptionellen Sinne ist das aus meiner Perspektive jedoch nicht; vielmehr werden bekannte Werbemechanismen „cozy“ verpackt.

Was ich süffisant bemerken möchte: Offenbar ist die größte kreative Wendung dieses Spots die beharrliche Weigerung, irgendetwas wirklich Außergewöhnliches zu zeigen. Man verlässt sich lieber auf gefällige, fast schon generische Wohlfühlbilder als darauf, mit Pointen, ironischer Brechung oder einer Überraschung wirklich aufzufallen. Der dramaturgische Spannungsbogen verläuft eher flach – man ahnt von der ersten Szene an, wie das Storytelling sich entfalten wird. Insofern wird die Komfortzone nicht nur bildlich, sondern auch erzählerisch niemals verlassen.

Nichtsdestotrotz: Die Präsentation der Produkte als sinnvolle Inserts zum Ende („KINDER €24,99“, „DAMEN €29,99“, „DAMEN €39,99“) setzt den Preis in einen nachvollziehbaren Kontext. Das wirkt transparent und nachvollziehbar – und gerade in Kombination mit der visuellen Umsetzung durchaus vertrauensfördernd. Man bekommt, was man sieht, und das ist ehrlich kommuniziert.

Meiner Ansicht nach bleibt der Spot unterm Strich auf Nummer sicher: Er ist stimmig, angenehm anzusehen und vermittelt die gewünschte wohlig-winterliche Stimmung, ohne dabei wirklich aus dem Rahmen zu fallen. Für alle, die emotionale Behaglichkeit oder Alltagsnähe schätzen, erfüllt er sicher seinen Zweck; anspruchsvolle Betrachterinnen und Betrachter lassen sich allerdings kaum von unerwarteten Ideen oder kreativen Überraschungen fesseln. Da hätte ich mir tatsächlich einen mutigeren Impuls oder ein klügeres kommunikatives Augenzwinkern gewünscht.

Ich würde an dieser Stelle gern wissen: Wie bewertest du selbst diese Art von Wohlfühlstorytelling im Kontext aktueller Werbestrategien? Gibt es für dich Momente, in denen Werbung trotz aller Professionalität allzu vorhersehbar bleibt – oder reicht das Vermitteln von Behaglichkeit als Markenbindungsinstrument deiner Meinung nach aus? Diskutiere gern mit!