Aus meiner Sicht wird die Bühne hier visuell nicht einfach YSL, sondern dem eigenen Ich bereitet. Das Logo links oben scheint wie ein stilistischer roter Faden, der sich diszipliniert durch alle Bilder zieht. Ich mag, dass diese visuelle Konsistenz die Marke stark im Gedächtnis verankert, ohne dabei anzustrengen.

Der Protagonist überzeugt für mich genauso als authentische wie auch dynamische Verkörperung des Brand-Versprechens. Egal, ob er im abgedunkelten Gang mit zurückgewandtem Blick oder mit nacktem Oberkörper im Spotlight steht – hier wird Wandelbarkeit und Selbstinszenierung klug ausgespielt. Meiner Ansicht nach ist das Casting durchaus gelungen, gerade weil der Protagonist eben nicht nur ein austauschbares Model bleibt, sondern in all seinen Szenen eine unterschiedliche, aber stimmige Facette von Modern Masculinity zeigt. Ein Hauch von „Ich kann alles sein – und vielleicht sogar du, Waschbrettbauch inklusive … ich gehe dann mal los, und hole mir ein YSL-Parfum, dann klappt das schon mit dem Sixpack ;)“

Gerade diese Spannungsbögen zwischen unterschiedlichen Sets und Lichtstimmungen – mal Beton, mal Schatten, dann wieder der emotionale Umarmungsmoment – führen aus meiner Sicht zu einer sehr ansprechenden dramaturgischen Dichte. Die Werbebotschaft „Being myself is the boldest thing I can do.“ halte ich für einmal angenehm direkt und doch mit einem Anflug von provokanter Selbsterhöhung versehen. Die Balance zwischen Stolz, Stärke, emotionaler Offenheit und Freiheit sehe ich als ungewöhnlich differenzierten Ansatz, insbesondere für einen Männerduft, dessen Zielgruppenansprache meist eindimensionaler ausfällt. Es ist tatsächlich ein bisschen cleverer als der übliche „Alpha Male“-Kram. An dieser Stelle darf die Satire einen Moment innehalten.

Was die Kreativität angeht, bin ich der Überzeugung, dass die Inszenierung eine feine Gratwanderung zwischen klassischem Luxus und moderner Rebellion wagt. Ich empfinde es als erfrischend, dass hier auch eine gewisse Emotionalität gezeigt wird, ohne ins Kitschige abzugleiten. Die visuelle Sprache bleibt stets elegant, fast schon kühl, was das Markenerlebnis für mich umso intensiver macht.

Unterm Strich, denke ich, ist dieser TV-Spot für MYSLF viel mehr als nur ein weiterer Duftclip – er ist eine vielschichtige Einladung, sich nicht nur mit einem Parfum zu schmücken, sondern gleich mit einer Haltung. Chapeau für ein Markenbild, das ästhetischen Anspruch mit einer selbstbewussten Botschaft verbindet! Und weil man ja stets offen für Diskussionen sein soll: Wie kommt der Spot bei dir an? Greift er für dich die Idee von Stolz, Freiheit und Individualität wirklich glaubhaft auf? Ich bin gespannt auf weiterführende, gern auch kontroverse Einschätzungen!

Autor: Ralf Zmölnig