Meiner Meinung nach stellte About You mit diesem Spot einen bemerkenswerten Versuch dar, über die schlichte Produktinszenierung hinaus eine ästhetisch stilisierte, fast schon editoriale Bildsprache in den Vordergrund zu rücken. Der Einsatz verschiedener, augenfällig kontrastreicher Hintergrundfarben—zu Beginn ein sattes Orange, gefolgt von Rosa- und Weißtönen—wirkte auf mich als bewusste ästhetische Distinktion gegenüber klassischen Modekampagnen, die sehr häufig auf homogene oder urbane Hintergründe setzten. Dies spiegelte meiner Ansicht nach auch eine gewisse Modernität und dokumentierte den Anspruch der Marke, den Zeitgeist zu adaptieren.

Hervorheben möchte ich auf jeden Fall die prominente Einbindung von Lena Meyer-Landrut als Testimonial. Ich bin der Meinung, dass sich About You sehr auf die persönliche Reichweite und das Image von Lena Meyer-Landrut verlassen hat, was aus damaliger Sicht ein kluger Schachzug gewesen ist: Sie stand 2021 für eine junge, stilbewusste, aber unaufgeregte Zielgruppe, die Offenheit und Authentizität schätzte. Die gesamte Kollektion „a lot less“ wurde auf ihr Image zugeschnitten, was sich meiner Ansicht nach sowohl in der vorherrschenden Neutralität der Farben als auch in der minimalistischen Vermittlung der Produktinformationen widergespiegelt hat.

Die Bildsprache wurde meiner Meinung nach durchaus bewusst gewählt: viele Gruppen-Settings, wobei die Models meist in Bewegung oder ungewöhnlichen Posen zu sehen waren. Gerade diese choreografische Dynamik empfand ich als Versuch, den „Community-Gedanken“—eine Kernaussage der Marke About You—nochmals zu unterstreichen. Gleichzeitig suggerierte sie Diversität, obwohl sich diese visuell eher auf Kleidung und Styling als auf wirkliche, tiefergehende Diversität bezogen hat. Ich finde, dass in diesem Punkt der Spot nicht ganz die Konsequenz und Glaubwürdigkeit erreichte, die aus heutiger Perspektive 2025 gefordert wird und inzwischen vielfach umgesetzt wird.

In Bezug auf die Werbebotschaft halte ich es für clever, dass sowohl Produkt als auch Preis sehr klar und offensiv eingeblendet wurden, unterlegt durch eine einfache, aber einprägsame Aufforderung zum Shoppen über aboutyou.de. Allerdings, und das ist meiner Ansicht nach eine Schwachstelle, blieb die emotionale Ansprache meiner Auffassung nach vergleichsweise oberflächlich: Eine tiefere, erzählerische Ebene, die sich mit dem Selbstverständnis der Kollektion oder etwa mit der Bedeutung von „a lot less“ als Haltung befasst hätte, fehlte gänzlich. Ich finde, hier wurde ein kreatives Potenzial verschenkt, das in anderen zeitgenössischen Fashion-Kampagnen teils stärker ausgelotet worden war.

Bezüglich der Kreativität und Originalität bin ich der Meinung, dass der Spot stilistisch durch seine Reduktion zwar einen klaren Standpunkt bezogen hat, dies jedoch nicht unbedingt als wirklich überraschend im Sinne einer disruptiven Werbeinnovation gelten konnte. Der Fokus auf schlichte Präsentation, angereichert durch dezente Dynamik und ein prominentes Testimonial, ist für mich ein solides, aber nicht herausragendes Werbeprompter für die Ära 2021 geblieben.

Was die Konsistenz der Markenbotschaft betrifft, so denke ich, dass About You ihre Kernwerte—nämlich Personalisierung, Fashion-Diversity und eine starke digitale Ausrichtung über E-Commerce—damit bestätigt hatte. Die im Spot mehrfach zu sehende Präsenz des Smartphones, in dem die Kollektion und Preise abgebildet wurden, interpretierte ich als konsequenten Ausdruck dieser E-Commerce-Markenidentität.

Zusammenfassend bleibe ich dabei: Der Spot zeigte eine handwerklich saubere Umsetzung des Mode/Influencer-Promotionsformats seiner Zeit. Meiner Ansicht nach hätte About You jedoch mit mutigeren, überraschenderen inhaltlichen oder ästhetischen Konzepten die Inszenierung nachhaltiger und ausdrucksstärker gestalten können. Trotz der damals progressiv wirkenden Elemente hätte ich mir ein markanteres kreatives Statement und eine tiefere kommunikative Idee gewünscht, um im fragmentierten Werbeumfeld von 2021 noch nachhaltiger aufzufallen.

Autor: Ralf Zmölnig