Die Inszenierung der Spot-Sequenzen erschien mir damals, und das sehe ich nach wie vor so, als technisch und visuell sehr sauber, aber sie war – meiner Ansicht nach – eher dem „State of the Art“ der typischen Finanzwerbung verpflichtet. Die Bildsprache mit kühlen, düsteren Tönen, massiven Zahlenwänden, Diagrammen und Headset-tragenden Präsentatoren, wie sie üblich in Handelsräumen assoziiert werden, vermittelte zwar Kompetenz, bediente meiner Meinung nach aber zu sehr ein Erwartungsschema, das ich schon in zahlreichen vergleichbaren Formaten beobachten konnte. Es fehlte für mich dieser spezielle Twist oder ein narrativer Kunstgriff, der den Spot wirklich aus dem Meer der vielen Börsen-Apps hätte hervorstechen lassen.

Die Zielgruppenansprache blieb recht unspezifisch und breit: Durch die Betonung von Schlagwörtern wie „Aktien“, „Zertifikate“, „ETFs“, „Anleihen“, „Kryptos“, wurden viele Teilmärkte angesprochen, ohne jedoch meiner Einschätzung nach auf einen bestimmten Nutzertypus gezielt einzuzahlen. Gerade in einem fragmentierten Markt wie 2023 hätte ich mir hier eine konkretere Identifikation oder zumindest eine überraschende Perspektive gewünscht, um beispielsweise Einsteiger und erfahrene Trader differenzierter anzusprechen.

Hinsichtlich der Werbebotschaft war die Kommunikation zwar verdichtet und pragmatisch, aber – so denke ich – auch überaus generisch gehalten: „Der neue Online-Broker, der dir alles bietet“, bleibt in seiner Versprechung groß, walzt den USP aber auf eine fast austauschbare Ebene. Besonders, da der Claim „The place to be“ eingesetzt wurde, hätte ich inhaltlich oder inszenatorisch mit einem Augenzwinkern, einer starken Metapher oder zumindest einer emotionalen wie intellektuell fordernden Wendung gerechnet. In meinen Augen verschenkte der Spot hier die Möglichkeit, das Selbstverständnis von Traders Place als tatsächlich neue „Place to be“ für Trader überzeugend und mit der notwendigen Eigenständigkeit zu inszenieren.

Was die visuelle Gestaltung betrifft, empfand ich die eingesetzten technischen Bilder zwar als ansprechend und klar, aber nach meinem Empfinden fehlte das Außergewöhnliche, das Überraschende. Die Überblendungen zu kaputten Sparschweinen oder das Spiel mit kühlen Farbwelten waren solide, haben mich aber konzeptionell nicht zum Nachdenken angeregt oder emotional involviert. Ich hätte mir beispielsweise einen mutigeren Stilbruch, einen dramaturgischen Bruch oder ein starkes visuelles Narrativ gewünscht, das sich von der gängigen Visualität dieser Branche absetzt.

Markenbotschaft und Konsistenz bewerte ich rückblickend als funktional gelungen: Das Branding war durchgängig präsent, der Hinweis auf attraktive Zinsen und Gebührenfreiheit wurde sauber integriert und der App-Download-Call-to-Action erschien mir angemessen prominent. Die Warnhinweise wirkten zwar technisch erforderlich, nahmen aber dem Gesamteindruck kaum etwas von der Klarheit des Brandings. Dennoch, meiner Meinung nach hätte Traders Place stärker mit einer eigenen Handschrift auftreten können. Die Historie der Marke, damals noch extrem jung und noch dabei, überhaupt ein Gesicht zu entwickeln, hätte meiner Ansicht nach mutiger und mit deutlich sichtbarer Differenzierung gestärkt werden müssen.

Insgesamt hatte ich damals – und daran hat sich meine Meinung bis heute nicht geändert – den Eindruck, dass der Spot in der Inszenierung sehr professionell, aber inhaltlich zu konventionell und zu wenig inspirierend ausgefallen ist. Ich finde, dass Traders Place mit einem wirklich ungewöhnlichen Kommunikationsansatz, der sowohl inhaltlich als auch visuell einen bleibenden Eindruck hinterlassen hätte, das Potenzial gehabt hätte, sich von der starken Konkurrenz 2023/2024 endlich zu lösen. Aus heutiger Sicht bleibt dieser Spot symptomatisch für viele Markteintritte jener Zeit: sauber produziert, ordentlich durchdacht, aber leider ohne das Quäntchen Wagemut, das für nachhaltige Erinnerungswirkung meiner Erfahrung nach entscheidend ist.

Autor: Ralf Zmölnig