Was die Zielgruppenansprache betrifft, so scheint die Inszenierung klar auf eine urbane, stilbewusste und zugleich wissenschaftlich interessierte Zielgruppe zu zielen. Ich erkenne das an der mehrfachen Visualisierung der Protagonistin vor einer futuristischen Skyline, aber auch an der Integration von technologischen Elementen wie dem Roboterarm, der höchst inszenatorisch das Serum präsentiert. Ich halte diesen Brückenschlag zwischen moderner Lifestyle-Ästhetik und Science-Fiction-Elementen durchaus für einen Versuch, dem betuchten, technikaffinen Publikum zu gefallen, das vielleicht schon einige Jahre Taktrate auf der Haut hat, aber immer noch glaubt, biologische Zeit könne durch Hightech zähmbar werden.

Die Werbebotschaft wird mit chirurgischer Präzision transportiert: „Das Leben lässt deine Haut schneller altern als dich selbst. Stopp! Das kehren wir um.“ Ich muss ehrlich sagen, hier hätte ich mir einen etwas gewitzteren oder zumindest subtileren Zugang gewünscht. Die Anzeigen von Epigenetik und Longevity werden ungebremst als revolutionäre Heilsbringer ins Feld geführt, was fast schon nach einer wissenschaftlichen Offenbarung klingt. Allerdings bleibt aus meiner Perspektive trotz imposanter Buzzwords wie „Epicelline“ und „Durchbruch aus der Epigenetik“ offen, was dieser wissenschaftliche Fortschritt tatsächlich jenseits der reinen Werbepoesie bedeutet.

Bemerkenswert – und sicherlich auch ambivalent – finde ich den visuellen Einfall, die Lichtreflexe auf der Haut in einem wabenförmigen Muster darzustellen. Das ist optisch zwar reizvoll und knüpft an die Cellular-Metapher an, aber ich frage mich durchaus, ob das für einen informierteren Zuschauer nicht latent irreführend sein könnte. Von einer tatsächlichen Zellrückführung ist diese Optik in meinen Augen weit entfernt, das Ganze wirkt auf mich wie eine Art epigenetisches Showfeuerwerk.

Ein Lob gebührt den konsequent durchgezogenen Nivea-Markenwerten – das schlichte und doch omnipräsente Logo, die klassischen Farbwelten und die ständige Wiederkehr der Flasche mit "Cellular Epigenetics"-Schriftzug. Hier wird nicht aus der Markenhaut gefahren, sondern man bleibt angenehm konsistent.

Kreativ gesehen, weiß ich nicht, ob die Wahl eines Roboterarms als Science-Transmitter tatsächlich noch originell ist, oder ob da das Innovations-Bingo etwas zu laut gebimmelt hat. Ich persönlich hätte mir gerade bei der Inszenierung des „epigenetischen Durchbruchs“ einen subtileren, vielleicht sogar ironischeren Ansatz gewünscht. Mir kommt die Aufmachung ein bisschen so vor, als würde man nach modernster Zukunft rufen und dabei vergessen, dass Intelligenz auch darin bestehen könnte, Ambivalenzen und Selbstironie zuzulassen – das wäre ein wirklich anspruchsvoller Kommunikationsansatz gewesen.

Im Gesamten bin ich der Meinung, der Spot will mehr beeindrucken als erklären. Wer auf technologische Soundbites und ein Versprechen nach dem Jungbrunnen in zwei Wochen abfährt, dürfte seine Freude an der Inszenierung haben. Für alle, die bei Werbesprache und -bildern gern zweimal hinschauen, lassen die hochfahrenden Versprechungen aber auch viel Platz für kritische Reflexion.

Wie wirkt der Ansatz auf dich? Mich interessiert, wie du Science-Fiction und Beauty-Versprechen hier bewertet siehst: Findest du diese Mischung überzeugend, oder fehlen dir die wirklich klugen und nachhaltigen Storytelling-Twists? Diskutiere gern mit – gerade bei solchen Spots lohnt sich fachliche und persönliche Auseinandersetzung ungemein!

Autor: Ralf Zmölnig