Mich beeindruckt besonders, wie konsequent sich die Bildsprache an den klassischen Motiven des Barock und Art Déco bedient, dabei aber gekonnt mit einem Augenzwinkern spielt. Wer also eine subtile Duftinszenierung erwartet, wird hier förmlich von einem goldenen Paukenschlag überrascht.

Ich denke, der TV-Spot richtet sich ohne Umschweife an eine Zielgruppe, die sich selbstbewusst inszenieren möchte und Freude an pompösen, extravagenten Auftritten hat. Die Entscheidung, zentrale Szenen mit Figuren zu besetzen, die sich nicht nur um Gold winden, sondern fast schon darin baden – man nehme nur die Meerjungfrau in der Badewanne samt Sprachrohr –, wirkt für mich wie ein ironischer Kommentar zur allgegenwärtigen Selbstinszenierung und zum Personenkult in der Luxuswelt. Der Auftritt der Frau mit goldenem Halsband und Ketten ist, meiner Ansicht nach, ein Anspielen auf Macht und Selbstermächtigung – von subversiver Erotik keine Spur, stattdessen Selbstbewusstsein pur.

Besonders gelungen finde ich, dass Jean Paul Gaultier, wie so oft, selbstbewusst mit Genderrollen spielt: Die Vielfalt der auftretenden Figuren, ihre Outfits und Posen, brechen klassische Erwartungen auf und vermitteln ein Gefühl von Freiheit und Eigenständigkeit. Insofern schafft der Spot einen kreativen Raum, der nicht von angestaubter Parfüm-Konsensromantik, sondern von Extravaganz und Visionslust geprägt ist – das gefällt mir sehr.

In puncto Werbebotschaft sticht für mich der Überbau hervor: „Gaultier Divine Elixir, der neue Duft von Jean-Paul Gaultier.“ – Das ist klar, prägnant und setzt weniger auf hohle Versprechen, sondern auf starke, symbolisch aufgeladene Bilder. Die Parfümflakons, detailverliebt ins Bild gerückt, bestätigen für mich, dass hier feingliedrig auf die Markenidentität geachtet wird. Die nahezu sakrale Präsentation – das goldene Licht, das beinahe engelsgleiche Lächeln von oben – mündet für mich in eine göttliche Überhöhung des Produktes, womit der Name des Duftes durchaus wörtlich genommen wird.

Meiner Ansicht nach besticht dieser Spot vor allem durch eine visuelle Virtuosität, die sich nicht scheut, fast schon karikaturistisch eigene Luxusklischees zu inszenieren. Gleichzeitig bleibt das Ganze dabei aber so stilbewusst und augenzwinkernd, dass es eher als selbstironische Hommage denn als plattes Prunkbekenntnis durchgeht. Ob das für jedermann goutierbar ist, sei dahingestellt – mir persönlich ist die subtile Intelligenz, mit der hier ikonografisch und stilistisch gearbeitet wird, jedenfalls äußerst sympathisch.

Abschließend würde mich interessieren: Wie erlebst du die Inszenierung? Siehst du eher eine ironische Brechung oder schlicht ein Zuviel an Luxus? Mich reizt die Diskussion, ob diese Art von Markenauftritt heute noch mutig oder bereits kalkulierte Überzeichnung ist – gerne dein Input!

Autor: Ralf Zmölnig