Well done, about you! Aus meiner Sicht demonstriert die Kampagne damit nicht nur Offenheit, sondern vor allem auch einen respektvollen Umgang mit Diversität – ohne den moralischen Zeigefinger zu heben.

Was die Zielgruppenansprache betrifft, so habe ich den Eindruck, dass man gezielt junge Menschen und moderne Familien ins Visier nimmt, aber durchaus generationenübergreifend arbeitet. Ich finde, dass das clevere Spiel mit Alltagsmomenten – etwa am Frühstückstisch, auf dem Flur oder beim Umarmen – eine gelungene Nahbarkeit schafft, die sich von klassischem Konsumwerbesprech wohltuend abhebt. Insbesondere der Verzicht auf stereotype Shopping-Inszenierungen gefällt mir, weil dadurch der Fokus stärker auf den Menschen und deren Beziehungen untereinander liegt.

Die Werbebotschaft, nämlich das zehnjährige Bestehen von ABOUT YOU, wird meiner Meinung nach in angenehm zurückhaltender Weise kommuniziert. Hier wird weniger marktschreierisch gefeiert, sondern eher leise und mit einem gewissen Understatement „10 Jahre mit dir“ konstatiert. Das lässt ausreichend Raum für Interpretation – und ist, wie ich finde, ein smarter Ansatz für eine Marke, die sich Authentizität auf die Fahnen schreibt.

Im Hinblick auf Kreativität und Originalität muss ich sagen, dass die erzählerisch integrierten, sanft emotionalen Momente gut funktionieren. Die Visualität ist dabei keineswegs aufdringlich, vielmehr wirkt sie fast dokumentarisch, was mich persönlich anspricht. Zwar tritt das Produkt an sich zurück, aber genau das empfinde ich als wohltuende Abwechslung zu klassischen „Shop now!“-Mechanismen. Besonders die Szene mit dem jungen Mann, der ein Kleid an sich hält und dadurch eine leise, aber kraftvolle Story transportiert, besitzt für mich eine gewisse Finesse. Eigenwillig, aber nicht gewollt schräg – das ist eine ordentliche Gratwanderung.

Was die Konsistenz der Markenbotschaft betrifft, bin ich der Meinung, dass hier ein stringenter Ansatz gewählt wurde. ABOUT YOU positioniert sich seit jeher als inklusiv und individuell, was im Spot nicht nur behauptet, sondern filmisch vermittelt wird. Aus meiner Perspektive gelingt es dem Werbefilm, diese Haltung überzeugend darzustellen, ohne sich anzubiedern oder ins Pathos abzugleiten – Chapeau dafür!

Nicht zuletzt gefällt mir der süffisante Seitenhieb gegen unauthentische Diversity-Claims, die man in letzter Zeit ja durchaus inflationär serviert bekommt. Hier bleibt ABOUT YOU angenehm bodenständig und glaubwürdig – das hebt den Spot für mich deutlich vom Wettbewerb ab.

Insgesamt hat mich der Spot positiv überrascht und regt mich dazu an, zu reflektieren, wie Werbung gesellschaftliche Entwicklungen spiegeln – oder eben auch mitgestalten kann. Ich bin gespannt, wie andere Zuschauer:innen den erzählerischen Ansatz, insbesondere die Darstellung von Individualität und familiärer Akzeptanz, bewerten. Wer hat ähnliche oder abweichende Eindrücke? Diskutiert gern: Wie mutig darf Werbung heute eigentlich sein?

Autor: Ralf Zmölnig