Aus meiner Sicht ist das absolut konsequent und auf eine Zielgruppe zugeschnitten, die Haltung nicht nur als Buzzword, sondern als Lebenshaltung versteht.

Mir gefällt, dass der Werbespot es versteht, die vielbemühte „Haltung“ in immer neuen Facetten zu illustrieren: Mal laut, mal leise, mal auf der Straße, mal im familiären Rückzugsort. Gerade die Szene mit dem Vater und den Kindern auf dem Sofa sorgt dafür, dass „Haltung“ nicht nur als politisches Statement wahrgenommen wird, sondern auch als ganz persönliche Eigenschaft, die den Alltag prägt. Hier finde ich, dass der kommunikative Ansatz subtil, aber gekonnt spielt – ohne in die Falle der bloßen Parole zu tappen.

Kreativ betrachtet, bin ich geneigt zu sagen: Der Spot geht überraschend unaufgeregt vor, was aus meiner Warte durchaus eine Stärke ist. Er lässt die Bilder für sich sprechen, ohne sie künstlich zu überhöhen, und gerade das motiviert zum Mit- und Weiterdenken. Dass das Wort „Haltung“ mehrfach eingeblendet wird, wirkt vielleicht auf den ersten Blick redundant, aber ich habe den Eindruck, dass sich so einprägsame Symbole schaffen, deren Vielschichtigkeit mit jedem Schnitt deutlicher wird. Stilistische Wendungen wie der Wechsel von Parade zu Wohnzimmer oder der Rückzug ans Wasser im Sonnenuntergang verleihen der Werbewirkung eine gewisse Komplexität, die ich durchaus zu schätzen weiß.

Gerade die Bildsprache der Regenbogenflagge, der gemischten Community und der farbenfrohen Kleidung würde ich als eine geradezu satirisch spitze Antwort auf jede Form von Beliebigkeit im Werbefernsehen verstehen: Hier wird nicht nur Vielfalt postuliert, hier wird sie gelebt – vielleicht fast schon plakativ, aber immerhin sehr konsequent durchgezogen.

Beeindruckend finde ich die Konsistenz der Markenbotschaft: „Haltung inspiriert, sie ermutigt und verbindet. Haltung zählt. Haltung hat einen Platz.“ Die Message zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Clip und wird mit dem klaren Call-to-Action – die News App der Frankfurter Rundschau herunterzuladen – souverän abgeschlossen. Aus professioneller Perspektive sehe ich in dieser Stringenz einen deutlichen Vorteil, zumal das App-Angebot in den abschließenden Szenen so inszeniert wird, dass der digitale Zugang als Einladung verstanden werden kann, Teil dieser Community zu werden.

Ich kann mir allerdings lebhaft vorstellen, dass diese Art von Kampagne bei weniger progressiven Zielgruppen durchaus als moralinsauer empfunden werden könnte – für meinen Geschmack balanciert der Spot aber clever genug zwischen Pathos und Echtheit. Genau diese Balance macht für mich den Spot zu einem der intelligenteren Beiträge im deutschen Werbefernsehen.

Mich würde interessieren: Wie bewertest Du den Einsatz von Pluralität und Haltung in diesem Spot? Und würdest Du meinen, dass der Appell, die News App jetzt herunterzuladen, durch die gewählte Emotionalität eher überhöht oder tatsächlich überzeugender wirkt? Ich freue mich auf Deine Sichtweise – gerade auch auf eventuell ganz andere Interpretationen!

Autor: Ralf Zmölnig